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Sonntag, 16 Februar, 2020

Unterschreibe, und Du bist frei:

"Ich bin frei", antwortete Franz Jägerstetter. Er unterschrieb nicht.

Am 9. August 1943 wurde Franz Jägerstätter in Brandenburg-Görden unter das Fallbeil gelegt. 343 Jahre nach Giordano Bruno hat sich nichts geändert. Der Protestantismus lebt.

Der amerikanische Regisseur Terrence Malick erzählt seine Geschichte in ""a hidden life". Er erzählt sie romantisch, die im Jahr 1971 in einem dokumentarischen Film noch anders erzählt wird. Er verzichtet auf die Einbindung der zeitgeschichtlichen Dokumente, die den Einzelnen dazu bewegen könnten, seinem Beispiel zu folgen.

Schreiben des Franz Jägerstätter an den Pfarrer von St. Radegund betreffend seinem Entschluß, den Wehrdienst zu verweigern, 22. 2. 1943
Euer Hochwürden,
grüße Sie noch vor allem herzlich, besten Dank noch für Ihr Schreiben. Muß Ihnen mitteilen, daß Sie vielleicht bald wieder eines Ihrer Pfarrkinder verlieren werden. Habe heute den Einberufungsbefehl bekommen und soll schon am 25. d. M. in Enns sein. Da mir aber niemand Dispens geben kann, über was ich mir bei diesem Verein an Seelenheilgefahr zuziehen würde, so kann ich halt meinen Entschluß, wie Sie ja wissen, nicht ändern. Es ist so schon so schwer, in der Vollkommenheit einen Schritt vorwärtszukommen, und dann erst bei diesem Verein. Christus hat auch Petrus nicht gelobt, weil er ihn bloß aus Menschenfurcht verleugnet hat, und wie oft würde ich dies vielleicht wieder bei diesem Verein tun, denn tut man das nicht, so weiß man ja auch fast sicher, daß man seine Lieben auf dieser Welt kaum mehr sehen wird. Es heißt zwar immer, man soll das nicht tun wie ich, wegen Lebensgefahr, ich bin aber der Ansicht, daß auch die andern, die da mitkämpfen, nicht ganz außer Lebensgefahr sind. Bei denen in Stalingrad sollen, wie man sagt, auch vier bis fünf Radegunder darunter sein. Was werden diese Armen mitgemacht haben an Seele und Leib, möge Gott ihnen all diese Leiden im Jenseits belohnen, denn für diese Welt sind ja, wie die Aussicht besteht, diese Opfer ja doch umsonst. Wenn auch bei diesem furchtbaren Verein vieles erlaubt ist, so glaub' ich, ist es dennoch besser, lieber gleich das Leben zu opfern, als sich zuerst noch in die große Gefahr zu begeben zu sündigen, und dann erst sterben! Ich bitte Sie, schließen Sie mich in das Meßopfer ein, solange ihr noch eines darbringen dürft. [...]
Es grüßt Sie noch herzlich Ihr dankschuldiger Mesner Fr. J.

Abschiedsbrief des wegen Wehrdienstverweigerung zum Tode verurteilten Franz Jägerstätter aus St. Radegund an seine Gattin, 9. 8. 1943

Gott zum Gruß, herzallerliebste Gattin und alle meine Lieben!
Deine Briefe vom 13. und 25. Juli noch mit Freude erhalten, wofür ich mich noch herzlich bedanke. Heute sind es nun 4 Wochen, da wir uns zum letztenmal auf dieser Welt gesehen. Heute früh um zirka halb 6 Uhr hieß es sofort umziehen, das Auto wartet schon, und mit mehreren Todeskandidaten ging dann die Fahrt hierher nach Brandenburg, was mit uns geschehen wird, wußten wir nicht. Erst zu Mittag teilte man mir mit, daß das Urteil am 14. bestätigt wurde und heute um vier Uhr vollstreckt wird. Will Euch nur kurz einige Worte des Abschieds schreiben.
Liebste Gattin und Mutter!
Bedanke mich nochmals herzlich für alles, was Ihr mir in meinem Leben getan, für all die Liebe und Opfer, die Ihr für mich gebracht habt, und bitte Euch nochmals, verzeiht mir alles, was ich Euch beleidigt und gekränkt habe, sowie auch von mir alles verziehen ist. Ich bitte auch alle anderen, die ich jemals beleidigt habe, mir alles zu verzeihen, ganz besonders Hochwürden Herrn Pfarrer Fürthauer, wenn ich ihn durch meine Worte vielleicht noch gekränkt habe, als er mich mit Dir besuchte, ich verzeihe allen von Herzen. Möge Gott mein Leben hinnehmen als Sühneopfer nicht bloß für meine Sünden, sondern auch für (die der) anderen.
Liebste Gattin und Mutter!
Es war mir nicht möglich, Euch von diesen Schmerzen, die Ihr jetzt um meinetwegen zu leiden habt, zu befreien. Wie hart wird es für unsern lieben Heiland gewesen sein, daß er durch sein Leiden und Sterben seiner lieben Mutter so große Schmerzen bereiten mußte und das haben sie alles aus Liebe für uns Sünder gelitten. Ich danke auch unsrem lieben Jesus, daß ich für ihn leiden durfte und auch für ihn sterben darf. Ich vertraue auch auf seine unendliche Barmherzigkeit, daß mir Gott alles verziehen hat und mich auch in der letzten Stunde nicht verlassen wird.
Liebste Gattin! Denke auch daran, was Jesus denen verheißen hat, die welche die neun Herz-Jesu-Freitage halten. Und auch jetzt wird dann Jesus in der heiligen Kommunion noch zu mir kommen und mich stärken auf die Reise in die Ewigkeit. In Tegel hatte ich auch noch die Gnade, viermal die heiligen Sakramente zu empfangen.
Grüßet mir auch noch herzlich meine lieben Kinder, [...], Schwiegereltern, Schwägerinnen und alle Verwandten (und) Bekannten.
Grüßet mir auch noch Bruder Majer, und laß mich noch für seinen Brief bedanken, der mich noch sehr gefreut hat. Auch bei Hochwürden Herrn Pfarrer Karobath laß ich mich noch bedanken für sein Schreiben.
Und nun, alle meine Lieben, lebet alle wohl, und vergesset mich nicht im Gebet, haltet die Gebote, und wir werden uns durch Gottes Gnade bald im Himmel wiedersehen!
Herzliche Grüße auch noch an meinen Firmpaten.
Es grüßt Euch nun alle noch vor seiner letzten Reise Euer Gatte, Sohn und Vater, Schwiegersohn und Schwager.

Die Zeiten haben sich geändert. Aber nicht alles hat sich verändert. Wie der Autor von endederrevolutionen vom Vater seines Schwiegersohns wegen seines Verzichts auf eine empfohlene Impfung gegen das Corona-Virus, sich impfen zu lassen und keinesfalls für diese wissenschaftlich noch ungeklärte staatliche Aktion keine Unterschrift leisten wird und deshalb von ihm als Spinner verunglimpft wurde, werden viele den Franz Jägerstetter heute wie bereits damals auch als Spinner verunglimpfen.

Franz Jägerstetter wurde heilig gesprochen. Ein Akt der römisch-katholischen Kirche, der wie mit der Heiligsprechung von Thomas Morus mich noch immer emotional an diese Kirche bindet: Es sind unverzichtbare Vorbilder.

Das Team um Terrence Malick weicht von den ihnen vermutlich vorliegenden Dokumenten ab, die allein besser das Wesentliche verständlich gemacht hätten. Aber das ist fast immer so wenn Geschichten uns romantisch und in erster Linie unterhalten sollen. Zu Beginn seines Films erklärt er den Zuschauern, dass Franz Jägerstetter dem 1. Gebot, "Du sollst keine Götter neben mir haben", gefolgt sei. Das ist aber nicht wahr, das kann man bei ihm nicht lesen. Wer das erzählt wird Gründe haben, das so zu erzählen. Es kommt aber einer Blasphemie gleich; der Gott des Franz Jägerstetter war anders. Sein Gott hätte sich mit den Göttern der indigenen Völkern Nordamerikas, der "Hopitu shinumu", der "friedlichen Leute", verstanden. Die gab es zwar längst nicht mehr, aber wer den einfachen Bauern und Messdiener Franz verstanden hat weiß das.

Der Gott von Franz Jägerstetter ist der Gott der Katholiken, wie ihn Erasmus von Rotterdam gelehrt hat: De libero arbitrio.

Franz Jägerstetter schreibt "... besser die Hände als der Wille gefesselt...". Franz Jägerstätter war ein einfacher Mensch. Er kannte die Menschen in seinem Dorf, hatte die Volksschule besucht und konnte seine eigenen Gedanken frei niederschreiben. Er kannte auch die Texte, die in der Bibel standen, und diese Texte waren für ihn Richtung, in die gegangen werden sollte. Er lebte den Matthäus: "Urteilt nicht über andere, damit Gott euch nicht verurteilt. Denn so wie ihr jetzt andere richtet, werdet auch ihr gerichtet werden. Und mit dem Maßstab, den ihr an andere anlegt, werdet ihr selbst gemessen werden": Er konnte und wollte für andere nicht entscheiden, er konnte nur für sich entscheiden. Einen anderen Weg schloss er für sich aus. Er fürchtete sich vor anderen Denkrichtungen und erzählte deshalb von seinem Traum: Einem Zug, der auf Schienen raste und um den massenhaft Menschen standen, die unbedingt in den Zug einsteigen wollten. Der Traum war irreal wie das Träume oft sind. Franz Jägerstätter ängstigte sich obwohl diese Menschen, die in diesen Zug einsteigen wollten, gar nicht einsteigen konnten. Der Zug raste dafür viel zu schnell. Er wusste aber, wohin er raste: In die Hölle.

Mit diesem Traum hat sich das Team um Terrence Malick nur symbolisch gekümmert, obwohl er schriftlich dokumentiert ist. Er wurde im Jahr 1971 noch ausführlich erzählt und das unterscheidet die beiden Erzählungen vorneinander. Die Zeiten haben sich seit 1971 geändert.

Das Team um Terrence Malick unterscheidet sich auch von dem halbdokumentarischen Film durch eine herausragende Filmmusik; man ist ergriffen. Nur das "Agnus Dei" zeigt wieder in eine ganz andere Richtung, in die Franz Jägerstätter nicht gegangen ist. „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ (Johannesevangelium). Er wusste, dass der Weg zu Gott über das wirkliche Leben führt. Das ertragen Protestanten nicht. Alles darf heute gesagt, gezeigt, gehört werden; alles. Das wirkliche Leben wird ausgeblendet. Das Leben eines wirklichen Katholiken ist heute ketzerisch und führt zwangsläufig in Konflikt mit der Obrigkeit und geltenden Gesetzen.

Posted by Michael Schwegler at 10:01
Edited on: Montag, 06 Dezember, 2021 13:55
Categories: Der einfache Mensch