Die Wende zum offenen Judenhass vollzieht Martin Luther 1543 mit seiner dritten „Judenschrift“: „Von den Juden und ihren Lügen“. Es ist das zentrale Dokument Lutherscher Judenfeindschaft, seine härteste, kompromissloseste und hasserfüllteste Schrift, die mit den infamsten Vorwürfen, den übelsten Verleumdungen: "Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen.“

Ob Martin Luther über die Geschichte des Volkes der Zeloten hinreichend informiert war und wusste, dass der Jude Jesus, der Nazarener, diesem Volk aus Galiläa entstammte und nicht zufällig Jahrhunderte nach ihm Friedrich Schiller zumindest seine ersten Zeilen widmete: "Zu Dionys1, dem Tyrannen2, schlich Möros, den Dolch im Gewande; ihn schlugen die Häscher in Bande.
„Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!“ Entgegnet ihm finster der Wüterich.

„Die Stadt vom Tyrannen befreien!“ „Das sollst du am Kreuze bereuen.“

ist nicht überliefert. Geschrieben aber steht, dass dieser Zelot, der auf endederrevolutionen.de stets der "Nazarener" genannt wird, sich mit seinen Antithesen gegen seine Landsleute und für das Geistwesen Gott (Marx Planck) entschied, das er sich gar zu seinem Vater auserwählte. Er muss, dies sei aus logischen Gründen an dieser Stelle hinzugefügt, diesem Geistwesen Gott sehr nahe gestanden haben.

Ganz anders und entgegengeetzt sei ein Text von Martin Luther wiedergegeben. Sieben „Ratschläge“, wie mit den Juden, die nicht alle Zeloten waren, zu verfahren sei, gibt Luther:

Dass man ihre Synagoga oder Schule mit Feuer anstecke… dass man auch ihre Häuser desgleichen abbreche oder zerstöre… dass man ihnen nehme all ihre Betbüchlein… dass man ihren Rabbinern bei Leib und Leben verbiete, hinfort zu lehren… dass man ihnen Geleit und Straße ganz und gar aufhebe… dass man ihnen nehme alle Barschaft und Kleinod an Silber und Gold und lege es beiseite zum Verwahren… dass man ihnen in die Hand gebe Flegel, Axt, Spaten, Rocken, Spindel und lasse sie ihr Brot verdienen im Schweiß der Nasen.“

Zwischen dieser Schrift und Luthers im Ansatz eher „versöhnlicher“ Abhandlung von 1523 liegen 20 Jahre. Und doch gibt es – allem Anschein zum Trotz – keinen Bruch in seinen Anschauungen, sondern eine Kontinuität:

Die judenfeindlichen Äußerungen Luthers, wie sie sich etwa in seiner Schrift ‚Von den Juden und ihren Lügen‘ finden, sind nicht etwa bedauerliche Verirrungen eines enttäuschten und altgewordenen Mannes, sondern geradezu zwanghafte Folgerungen aus seinem theologischen Zentrum. Danach sind die Juden, solange sie Juden bleiben, Gottesleugner. Ihre Gotteslästerung besteht darin, dass sie Jesus nicht akzeptieren – also schlicht in ihrer Existenz als Juden.“ (Klaus Wengst )

Seine grundlegend negative Haltung gegenüber den Juden hat der Reformator also höchstens nuanciert, aber nie revidiert. Es ist eine Haltung mit weitreichenden Folgen:

Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen. Vom deutschen Volk wird die Macht der Juden auf wirtschaftlichem Gebiet im neuen Deutschland endgültig gebrochen und damit der gottgesegnete Kampf des Führers zu völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt. In dieser Stunde muss die Stimme des Mannes gehört werden, der als der Deutschen Prophet im 16. Jahrhundert einst als Freund der Juden begann, der getrieben von seinem Gewissen, getrieben von den Erfahrungen und der Wirklichkeit, der größte Antisemit seiner Zeit geworden ist, der Warner seines Volkes wider die Juden.“


(Auszug aus: www.deutschlandfunkkultur.de/martin-luthers-judenschriften-die-dunkle-seite-der.1079.de.html?dram:article_id=341916)

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