Forza Italia gegen Forza Germania

Spielstand 1:3


Vergessen wir dieses Kampfgeschrei: Mit heute noch rund 81% Katholiken kann ein Sieg nicht gelingen. Wie also treibt man den Menschen ihren Glauben aus? Wie kann zumindest ein Unentschieden mit der Forza Germania gelingen?

Anpfiff war am 21. April 1927. Der Große Fascistische Rat hat aus der Mitte der Gesellschaft des damaligen Königsreichs Italien heraus mit seinem Mittelstürmer Benito Mussolini zum Angriff geblasen. Der Rat war Partitio, also Partei und noch lange nicht Staat. Aber ihre Carta del Lavoro, diese Verfassung der Arbeit, prägte fortan die Staaten und die Geschichte Europas des 20. Jahrhundert wie keine Andere. Vorausgegangen war der Carta del Lavorno das Gesetz vom 3. April 1926, das den Titel trägt: „Disciplina giuridica del rapporti collettivi del lavorno“, das sich so melodisch und schön deutsch sprechen lässt doch übersetzt sich dann sehr nüchtern und abschreckend anhört: „Rechtliche Ordnung der kollektiven Arbeitsbeziehungen“. Und der stoffliche Kern dieses Gesetzes folgte bereits 2 Monate später am 1. Juli 1926 mit der Ausführungsverordnung, ergänzt am 6. Mai 1928 mit der behördlichen Verwahrung und Veröffentlichung von Tarifverträgen. Meilensteine auf dem Weg zum Sozialen Frieden, dachten sie, vor allem als es ihnen sogar gelang, mit den Lateranverträgen im Frühjahr 1929 noch die Kirche ins Boot zu holen. Um Missverständnissen vorzubeugen; den Begriff des Sozialen Friedens kannten sie natürlich zu Beginn der Fascia noch nicht, dieser Begriff gehört in die Postmoderne. Die Idee allerdings war die Gleiche.

Gefeiert wurde am 28. Oktober 1932: Die Turiner Fanfare wird man wohl in ganz Italien gehört haben und seine schmetternden Töne hörte man vermutlich sogar in Berlin, zumindest aber noch in München. Gefeiert wurde das neue Italien vom Brenner bis in den Oasensand von Tripilis: die erfolgreiche faschistische Revolution. Sie hat einen neuen Staatstyp geschaffen; glaubte man. Sie glaubten es wirklich. 10 Jahre nach ihrem erfolgreichen Marsch nach Rom. Italiens Wandel auf allen Gebieten, zuvörderst die Steigerung der Produktivität in diesem verdammt katholischen Land. Den Schlüssel glaubte man im öffentlichen Recht gefunden zu haben. Heute müssen sie erkennen, dass er außerhalb Italien besser passte, im eigenen Land aber nicht richtig. Ungeschliffen hakte er immer wieder und oft musste die Tür für Tage auf den Schlüsseldienst warten, der den Schlüssel dauerhaft auch nicht nachbessern konnte.

Gepasst hatte er im preußisch protestantischen Deutschland. Und er passt noch heute. Nicht mehr wie früher, denn auch der härteste Stahl behält nicht ewig seine Form, wenn er allzu oft genutzt wird. Zwar sind mit lediglich 28% Katholiken in Deutschland die Voraussetzungen nach wie vor deutlich günstiger als in Italien, doch erst ein neuer Glaube, der zunehmend stärker wird vereint sie alle, Regionen und Länder: Der Konsumismus.

Diese neue Ideologie hat Vieles verändert und die beiden Länder jenseits ihrer staatstragenden Religionen zumindest kulturell nahezu angeglichen.

Zwar nur ein Indiz und noch fern eines echten Belegs zeugen die Feiertage vom Anbruch einer postmodernen Zeit auch in den Religionen:

Von über 100 Sonn- und Feiertagen im 16. Jahrhundert legte Papst Urban die Zahl im Jahr 1642 auf 34 fest. Zusätzlich verblieben natürlich die Sonntage und die Kirchweihfeste. Anfang des 19. Jahrhunderts feierte man die Moderne nur noch mit offiziellen 19 Feiertage und heute sind es noch 9: vertraglich in den deutschen Ländern allen Bürgern unabhängig von ihren religiösen Überzeugungen im Einigungsvertrag von 1990 gesichert. Unter der neuen Ideologie des Konsumismus nähern sich auch im katholischen Italien die Verhältnisse an. Mit nur noch 12 Feiertagen im Jahr 1977, nachdem sie Epifanie, die Heiligen Drei Könige, wegen der schlechten Wirtschaftslage abgeben mussten, schien schon ein endgültiger Durchbruch erreicht. Die Forza Italia rückte näher an die Forza Germania, doch Epifani erwies sich dann nach 1977 vermutlich auch Dank ihrer Wurzel in der Befana fascista doch noch als stärker und musste wieder eingeführt werden. Am 6. Januar bleiben die Italiener zu Hause. Ob sie in die Kirche gehen konnte wissenschaftlich gesichert nicht festgestellt werden. Aber die Kinder stellen Caspar, Melichor und Baltasar wieder brav in ihre Krippen nachdem sie ganze 12 lange Tage auf ihr Erscheinen wie immer in der Weihnachtszeit warten mussten.



(wird fortgesetzt)

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